Cervelat: Alles über die beliebte Schweizer Nationalwurst
Bis weit in den goldenen Herbst hinein zieht es Wandervögel und Brätelfans hinaus in die Natur. Für viele gehört zum Erlebnis Wandern auch ein knisterndes Lagerfeuer: Der aufgespiesste Cervelat mit feinen Beilagen aus dem Rucksack macht den Ausflug auch kulinarisch zum Abenteuer. Wir verraten dir Rezepte und Tipps rund um die Schweizer Nationalwurst und ums Cervelat-Bräteln.
Cervelat-Abenteuer
Im strahlenden Morgenlicht erwacht die Wanderlust: Im Frühtau zu Berge lautet das Motto kleiner und grosser Gipfelstürmer. Marschbereit, die Wanderschuhe geschnürt, wird der Rucksackinhalt ein letztes Mal inspiziert: Alles da? Aber ja! Eingebettet zwischen Regenjacke und Sonnenkäppi, Sackmesser und Thermosflasche, thront sozusagen die Cervelat-Prominenz, Hauptakteurin des Brätel-Happenings. Der Cervelat gilt als DIE Schweizer Nationalwurstschlechthin.
Von Kindsbeinen an begleitet die Wurst wanderlustige Abenteurer in die freie Natur. Auf Schulreisen ist das Cervelat-Bräteln der Höhepunkt schlechthin - auch wenn es stets ein paar Tränen gibt: Dem einen fällt im Gedränge um die beste Glut die Wurst ins Feuer, dem andern verkohlt sie, innen noch kalt.
So oder so: Wir assoziieren den Cervelat mit stimmigen Ausflügen ins Blaue. Kein Wunder, dass auch Erwachsene auf die Wanderwurst schwören! Zumal der Cervelat in jeder Form schmeckt - grilliert, roh, im Salat, in der Pfanne gesotten oder gebraten.
Geduld ist gefragt
Cervelatbraten ist zwar im wörtlichen Sinn ein Kinderspiel. Aber ein bisschen Know-how braucht es schon, damit die Wurst wunschgemäss goldbraun gerät. Das Geheimnis heisst Geduld: Cervelats sollten - wie Fleisch und Wurst generell - nicht in den Flammen geröstet, sondern in der Glut gegart werden.
Das Feuer selbst wird mit einer zusammengeknüllten Zeitungsseite, feinem Reisig oder trockener Rinde entfacht (echte Pfadfinder brauchen kein Papier) und dann peu à peu mit dünnen, dürren Ästen oder Rinde gefüttert. Anschliessend folgen dickere, trockene Holzstücke für die Glut.
Während das Feuer langsam das Holz verzehrt, bleibt Zeit, um die Bratstecken mit dem Sackmesser zuzuspitzen. Dafür grüne, ca. 1 m lange Äste bzw. Astgabeln verwenden. Die Wurst an beiden Enden kreuzweise einschneiden, damit sich knusprige Zehen bilden können. Cervelat quer zum Stecken aufspiessen.
Heiss begehrte Begleiter
Nebst knusprigem Bürli passen Knobli- oder Schlangenbrot, Folienkartoffeln, Gemüsesticks aus Rüebli, Kohlrabi, Gurken sowie Salate oder Cherry-Tomaten zu Cervelat.
Reis-, Gemüse- oder Pastasalate eignen sich besser als Blattsalate, da sie fixfertig mitgenommen werden können.
Plan B: Picknick
Herrscht seit längerer Zeit Trockenheit, sollte in freier Natur kein Feuer entfacht werden. Dasselbe gilt bei starker Bise. Auch bei plötzlich aufkommendem Regen oder wenn sich partout keine Feuerstelle finden lässt, ist Plan B gefragt: kalte Küche bzw. zu Hause zubereiteter Picknickgenuss.
Ausgeklügelte Wandervorbereitungen schliessen Alternativen zum Bräteln mit ein. Und hier zeigt sich eine weitere Stärke des Cervelats: Er mundet auch roh als «Waldfest» mit Senf und Bürli, zu Hartkäse und vorbereiteten Salaten.
Tipp: Auf MeteoSchweiz werden Wetterkapriolen rund um die Uhr gemeldet. Bei unsicheren Wetterverhältnissen lohnt es sich, Routen zu wählen, an denen Bergbeizen oder Unterstände liegen.
Von der Wander- zur wandelbaren Wurst
Sollte die Wanderung wegen starker Regenschauer buchstäblich ins Wasser fallen, wandelt sich der Cervelat im Nu zum köstlichen Zmittag, Zvieri oder Znacht.
Bleibt die Küche kalt, heisst der Favorit natürlich Wurstsalat. Welch köstliche Varianten der helvetische Klassiker bietet, lesen Sie im Schwerpunkt Wir schwören auf den Wurstsalat. Fast scheint es, als wäre der Schweizer Nationalschmaus an einem Regentag erfunden worden: Darin lässt sich nämlich fast alles verwursten, was für den Wanderausflug eingekauft worden ist: Käse, Kartoffeln, Tomaten, Gurken und hartgesottene Eier.
Ende Feuer
Folgende Checkliste hilft beim systematischen Rucksackpacken und umweltgerechten Picknicken:
Rund ums Picknicken: Cervelat, Brot, Getränk, Früchte, Kartoffeln, Senf, Salz, Traubenzucker oder andere Energieriespender wie z.B. Riegel, Besteck, Servietten, Alufolie, Kartonteller, Streichhölzer.
Rund ums Wandern: Wanderkarte, Kopfbedeckung, Regenschutz, Sonnenbrille, Sonnencreme, Pflaster, Sackmesser, Zeitung, Schnur, Abfallsack.
Rund ums Bräteln: Feuer nur entfachen, wo es erlaubt ist, und nie unbeaufsichtigt lassen. Holz selber suchen. Beim Abmarsch Glut vollständig löschen. Abfall korrekt entsorgen oder mitnehmen.
Wer hat den Cervelat erfunden?
Den Cervelat, wie wir ihn heute kennen, gibt es seit gut 200 Jahren. Denn erst die Verbreitung des Fleischwolfes Mitte des 19. Jahrhunderts machte es möglich, ein feines Brät zu produzieren. Der Cervelat wurde nun von Metzgereien hergestellt. Er war besonders bei den Fabrikarbeiterinnen und -arbeitern beliebt, denn er war billig und konnte auch kalt gegessen werden. Daher kommen wohl auch die Bezeichnungen Arbeiterforelle oder Kotelett des armen Mannes.
Warum heisst der Cervelat Cervelat?
Eine verbreitete Interpretation ist, dass Cervelat vom französischen cervelle oder dem italienischen cervello kommt, dem Wort für Hirn. Doch die Wurst enthält kein Hirn. Eine andere Auslegung leitet Cervelat von einem Renaissance-Instrument ab, das auf Französisch cervelas und auf Italienisch cervallato heisst. Auf Deutsch ist es wegen seiner kurzen und dicklichen Form unter dem Namen Wurstfagott bekannt.
Cervelat, St. Galler Stumpen, Schützenwurst: Was ist der Unterschied?
Der Cervelat gilt als die bekannteste Schweizer Wurst. In der Schweiz hat er ein paar nahe Verwandte:
Der St. Galler Stumpen ist dem Cervelat sehr ähnlich, ist aber grösser und schwerer.
Die aufgrund ihres Kalbfleischanteils feinere Schützenwurst, regional auch Aussteller genannt, ist nicht gekrümmt wie der Cervelat, sondern gerade.
Wie wird Cervelat hergestellt?
Der Cervelat ist eine kurze, dicke Brühwurst, die in der Regel aus Rindfleisch und Wurstspeck besteht. Manchmal wird auch Schweinefleisch beigegeben.
Aus den Zutaten wird im Blitz eine Brätmasse zubereitet. Diese wird in Rindskranzdärme gefüllt. Die fertigen Würste werden anschliessend heiss geräuchert und danach noch gebrüht. Zum Schluss kommen sie ins kalte Wasserbad, damit sie nicht schrumplig werden.
Cervelat-Prominenz
In der Schweiz werden sogenannte B- und C-Prominente als Cervelat-Promis bezeichnet. Der Begriff rührt vermutlich vom umgangssprachlichen Ausdruck «armes Würstchen».
Die Cervelat-Prominenz rekrutiert sich denn auch aus Personen, die von sich reden machen, ohne wirklich etwas zu sagen zu haben. Die einen setzen sich durch öffentliche Peinlichkeiten respektive Skandale in Szene, die andern durch schrilles Aussehen, einmalige Fernsehauftritte oder Affären mit echten Promis.
Text: Stephanie Riedi Aktualisiert am 17. Juli 2023