Camembert, Brie, Tomme
Camembert, Brie und Tomme Vaudoise sind für ein sinnliches Tête-à-Tête wie geschaffen: Die charaktervollen Weissschimmelkäse sind mit ihrer samtenen Haut Meister der Verführungskunst. Ob aus Frankreich oder aus dem Waadtland - die feinen Weissen mit dem schmelzenden Herz sind eine kulinarische Liebeserklärung auf Französisch.
Grossfamilie mit weichem Herz
Zart-cremig ist ihr Inneres, samtig ihr Äusseres: Weissschimmelkäse. Die kultivierte Küche schätzt die feinen Weissen sehr, denn sie garantieren sinnlichen Käsegenuss. Und das beim Frühstücksbuffet genauso wie auf der abendlichen Käseplatte, als Begleitung zu Brot wie auch als besondere Zutat zu einem Menü.
Zur Grossfamilie der Weissschimmelkäse gehören Camembert (Normandie), Coulommiers und Brie (Île-de-France), Carré de l’Est (Lothringen) oder Brillat-Savarin (Normandie). Frankreich ist das Exportland in Sachen Weissschimmelkäse.
Aber auch die Schweiz hat eine populäre Vertreterin: den Tomme vaudoise. Und es gibt hierzulande kleine, feine Nischenprodukte. Zum Beispiel Le Sapelet aus Rossinière VD.
Viele Käsereien machen ihre Eigenkreationen: zum Beispiel Brie de Meaux mit Trüffeln, Spicy Brie mit getrockneten Tomaten, Peperoncino und Gewürzen, Brie mit Bärlauch und andere mehr.
Weisse Rinde - zum Essen gern
Die Rinde der Weissschimmelkäse besteht aus Pilzkulturen. Die Sporen werden in den allermeisten Fällen der Milch beigemischt, gelegentlich aber auch auf die Käse aufgesprüht (etwa beim Brie). In Kellern, in denen Weissschimmelkäse lagern, sind über die Jahre aber oft schon genügend Sporen vorhanden, die sich auf der Käseoberfläche von allein vermehren. Diese erwünschten Schimmelpilze verhindern schädlichen Fremdschimmel und verleihen dem Käse seinen typischen, leicht pilzigen Geschmack. Der Teig dieser Käse ist geschmeidig, mit zunehmendem Alter bis fliessend. Der Geschmack ist meist mild und im Alter zunehmend kräftiger. Bei der weissen Rinde handelt es sich um sogenannten Edelschimmel. Dieser ist ungiftig und kann bedenkenlos gegessen werden.
Camembert: Priester und Bäuerin
Der wohl berühmteste Vertreter des Weisschimmelkäses mit der samtigen Oberfläche ist der Camembert. Seine Ursprünge liegen in Frankreich und haben viel mit Erotik und Tabu zu tun: So soll ein Priester während der Französischen Revolution als Dank für seine Rettung die Bäuerin Marie Harel in die Kunst des Käsemachens eingeweiht haben. Es wurde viel experimentiert - bei Tage und bei Nacht … Marie Harel erfand jedoch weniger den Käse an sich als vielmehr die Kunst des gleichmässigen Schimmelwachstums. Der Schimmel war damals allerdings noch bläulich-grau. Erst 1910 wurde eine Schimmelkultur eingeführt, die dem Käse den weissen Schimmelüberzug verlieh, wie wir ihn heute kennen. Jetzt war der empfindliche Käse auch für längere Strecken transportfähig. Napoleon III, ein ausgesprochener Camembert-Liebhaber, machte den Camembert besonders populär. In Frankreich kommt Camembert - ob aus Rohmilch oder pasteurisierter Milch - in 3cm hohen, runden Laiben von ca. 11cm Durchmesser in den Handel. In drei Reifephasen ist Camembert zuerst eher mild mit quarkigem Kern, dann gewinnt er fliessend an Rasse. Er wird kräftig-würzig, mit leichtem Pilzaroma. Und schliesslich muss man aufpassen, dass er nicht wegläuft. Den Reifegrad kann man selber prüfen: Mit dem Finger leicht auf die Mitte des verpackten Käses drücken. Junger Käse ist noch leicht fest, reifer weich. Ist er zu jung, 1-3 Tage vor dem Servieren in der Verpackung bei Raumtemperatur nachreifen lassen.
Brie: König der Käse - Käse der Könige
Weissschimmelkäse gehen auf jahrhundertalte Traditionen zurück und waren seit jeher Lieblinge französischer Herrscher. Der Legende nach ist der Brie der Vorgänger des Camemberts. Seinen Ursprung hat der Brie östlich von Paris, in der Île-de-France. Man sagt, dass schon Karl der Grosse (ca. 748-814) ein Brie-Liebhaber war, wie nach ihm viele andere französische Könige und Herrscher. 1815 kam der Brie de Meaux zu besonderer Ehre. Der französische Staatsmann Talleyrand veranstaltete am Wiener Kongress ein Käse-Casting zur Auflockerung der Verhandlungen um die politische Neuordnung Europas. Alle dreissig Staatenvertreter präsentierten ihre landestypischen Käsesorten. Der Gewinner? Brie de Meaux! Er wurde zum «König aller Käse» gekürt. Brie gehört zu den meistkopierten Käsesorten der Welt. Nur zwei Arten geniessen in Frankreich Ursprungsschutz: der Brie de Meaux und der Brie de Melun. Sie müssen wenigstens vier Wochen reifen. Dabei wird der weisse Schimmelbelag allmählich von rötlich-bräunlicher Flora überwachsen. Liebhaber schätzen auch mehr als zwei Monate gereiften Brie de Melun, der ein ammoniakähnliches Aroma hat.
Tomme vaudoise: ein ewiger Wert
Der Grossteil der Tommes vaudoises stammt heute aus der Genferseeregion. Ursprünglich jedoch stammten die Tommes aus den Alpkäsereien, die im Sommer auf den Hügeln rund um das Vallée de Joux produziert wurden, laut Überlieferung schon im 17. Jahrhundert. Tomme gibt es in vielen verschiedenen Varianten, aus Kuh-, Ziegen-, Schafmilch (etwa der eingangs erwähnte Le Sapelet) oder aus einer Milchmischung. Traditionell wurde der Bergbauernkäse vor dem Käsen entrahmt. Der Rahm wurde verbuttert und nur die Magermilch zur Käseproduktion verwendet. Trotz niedrigem Fettgehalt ist die Konsistenz cremig. Das Aroma ist mild. Mittlerweile gibt es auch Tomme aus Vollmilch. Käsekenner schätzen den cremig-milden Geschmack des jungen Käses oder den ausgeprägten, rustikalen Geschmack des gereiften Tomme. Er hat eine sehr zarte Rinde mit Weissschimmelmantel oder Rotschimmel und eine cremige Konsistenz. Die Rinde ist verzehrbar. Tomme-Laibe haben ca. 8,5cm Durchmesser, sind ca. 2,5cm hoch und ca. 100g schwer. Die Reifezeit beträgt ca. 7-10 Tage.
Rezepte zum Ausprobieren und Geniessen
Weissschimmelkäse ist charakterstark und braucht deshalb nicht viel Begleitung, die ihm die Show stiehlt. Ein feines Stück Vollkornbrot oder Birnenbrot tuts. Oder ein knackiges Crostini. Es ergänzt den zart schmelzenden Käse aufs Beste. Oder nehmen Sie einen Tomme, dazu Birnen, Trauben, Baumnüsse und hauchdünn geschnittenes Birnenbrot: Das gibt ein feines, herbstlich angehauchtes Zvieri. Früchte bilden sowieso einen köstlichen Kontrast zum cremig-würzigen Käse - zum Beispiel Trauben oder Birnen. Das funktioniert mit frischen, aber auch mit eingekochten, marinierten und gedörrten Früchten.