Glutenunverträglichkeiten unter der Lupe

Glutenunverträglichkeiten unter der Lupe

Zöliakie, Glutenunverträglichkeit, Glutenintoleranz, Glutenallergie, Weizenallergie, Glutensensitivität – was ist was? Wo ist es eine diagnostizierte Erkrankung, ein Hype oder ein persönlicher Erfahrungswert? Einmal braucht es einen strikten Verzicht auf die geringsten Spuren von Gluten, und ein andermal reicht es, weniger Brot und Pasta zu essen. Hier gibt es Klarheit.

Was der Unterschied zwischen Glutenunverträglickeit, Glutensensitivität und Gluten- oder Weizenallergie?

Die berühmteste aller Glutenunverträglichkeiten ist die Zöliakie. Bei einer Zöliakie entzündet sich durch das Gluten die Darmschleimhaut. Dadurch werden die Nährstoffe schlechter aufgenommen, was zu Energielosigkeit und Mangelerscheinungen führen kann. Verdauungsbeschwerden wie Blähungen und Durchfall können auftreten, gehören aber nicht zwingend dazu. Über den Zustand der Darmschleimhaut und spezifische Antikörper kann der Arzt die Diagnose Zöliakie gestellt werden. Bei einer Zöliakie braucht es eine strikt glutenfreie Ernährung. 

Was ist eine «Glutenallergie» oder eine Weizenallergie?

Gibt man «Glutenallergie» in Google ein, kommt er auf 137'000 gefundene Seiten. Fakt ist: eine Glutenallergie gibt es nicht. Eine Allergie ist immer eine Überreaktion des Immunsystems auf ein bestimmtes Eiweiss. Gluten ist ein Sammelbegriff für ganz verschiedene Klebereiweisse aus unterschiedlichen Getreiden. Manchmal wird der Begriff «Gutenallergie» mit einer Unverträglichkeit gleichgesetzt oder es ist damit eine Weizenallergie gemeint. Bei einer Weizenallergie sind typische Symptome Juckreiz, Hautrötungen und Atembeschwerden. Durchfall und Blähungen können auftreten, müssen aber nicht. Bei einer Weizenallergie braucht es eine strikt weizenfreie Ernährung. 

Was ist eine Zöliakie und wie wird sie entdeckt?

Die Zöliakie zählt zu den Autoimmunerkrankungen, bei der Antikörper gegen einen körpereigenen Stoff gebildet werden, in diesem Fall gegen ein Enzym. Die Folge ist eine Entzündung der Dünndarmschleimhaut. Betrachtet man den drei bis sechs Meter langen Dünndarm unter dem Mikroskop, sind darauf ganz viel kleine Ausstülpungen (Darmzotten) zu sehen, die die Oberfläche des Darms vervielfachen. Ein gesunder Dünndarm hat die Oberfläche eines Tennisplatzes.

Bei glutenhaltiger Ernährung mit einer Zöliakie flachen diese Zotten ab, und alle Nährstoffe, Vitamine und Mineralstoffe werden schlechter aufgenommen, und langfristig kommt es zu Mangelerscheinungen.

Wie wird eine Zöliakie diagnostiziert?

Um die Diagnose Zöliakie stellen zu können, ist es ganz wichtig, dass nicht vorgängig auf eine glutenfreie Ernährung umgestellt wurde, weil dann die Reaktion im Körper nicht mehr sichtbar ist. Bei der Diagnosestellung werden verschiedene Antikörper gemessen, und beim erwachsenen Menschen wird zur abschliessenden Diagnose eine Biopsie gemacht. Das ist eine Gewebeprobe aus dem Dünndarm, bei der der Aufbau der Schleimhaut unter dem Mikroskop analysiert wird. Bei Kindern wird heutzutage auf die Biopsie verzichtet, weil die Laborwerte aus dem Blut mittlerweile sehr differenziert sind. Oft verstreichen Jahre, bis die Diagnose Zöliakie gestellt wird, insbesondere dann, wenn keine Verdauungsbeschwerden da sind, was bei der Mehrheit der Fall ist. 

Was ist eine Glutensensitivität oder -empfindlichkeit?

Bei der Glutensensitivität oder zu Deutsch Glutenempfindlichkeit verlassen wir das Feld der medizinischen Diagnose. Die eigene Körperwahrnehmung und die persönliche Erfahrung sind hier massgebend. Wenn du Verdauungsbeschwerden hast und glaubst, glutensensitiv zu sein, dann kannst du für ein paar Wochen glutenfrei oder glutenreduziert essen. Gluten zu reduzieren, gelingt am einfachsten, wenn du weniger Brot und Pasta isst. Nach dem Verzicht kannst du schrittweise wieder mehr glutenhaltige Nahrungsmittel einbauen und die eigene Schwelle der Verträglichkeit testen. 

Glutenfreier Genuss

Auch wenn auf Gluten verzichtet werden muss, soll der Genuss nicht zu kurz kommen. Betty Bossi kreiert immer wieder neue Rezepte, die speziell auf eine glutenfreie Ernährung ausgerichtet sind.

Verdacht auf Zöliakie: Was tun?

  • Wenn du dich über längere Zeit müde und schwach fühlst, dann lass dich auf Zöliakie abklären.
     
  • Wenn du einen Verdacht auf Zöliakie hast, dann esse weiterhin Gluten, bis du beim Arzt die Untersuchungen gemacht hast. 
     
  • Wenn du eine Zöliakie oder eine Glutenunverträglichkeit hast, sind auch Spuren von Gluten schädlich. Koche so viel wie möglich frisch, und achte auf eine saubere Trennung von den glutenhaltigen Speisen.
     
  • Wenn du das Gefühl hast, glutensensitiv zu sein, dann mach auch den Versuch, herkömmlichen Weizen durch Dinkel zu ersetzen und allgemein weniger Weizen zu essen. Das ist einfacher und günstiger als glutenfrei und bringt vielleicht schon die erhoffte Wirkung.
     

So oder so sollte die Ernährung keinen Stress bedeuten. Denn Stress schwächt die Verdauung, und dann wird das Gluten noch schlechter vertragen. Immer schön locker bleiben und geniessen.

 

Text: Silvia Kumar, dipl. Ernährungsberaterin HF
20. April 2023