Essig: Sorten und ihre Verwendung
Die Essigvielfalt ist heute fast unüberschaubar – allein schon bei den Weinessigen gibt es ein riesiges Angebot. Einige Essigspezialitäten sind gar so kostbar, dass sie nur tröpfchenweise genossen werden sollten. Wir geben dir hier einen Einblick in die Vielfalt und die Sortenmerkmale von Essig.
Was ist Essig und woraus besteht er?
Essig ist eine sauer schmeckende Flüssigkeit, die zum Würzen und Konservieren von Lebensmitteln verwendet wird. Essig entsteht durch die Gärung von Zucker. Durch die Fermentation wird er zuerst in Alkohol umgewandelt und schliesslich zu Essigsäure. Die Essigsäure gibt dem Essig seinen charakteristischen Geschmack. Schliesslich wird die Essigsäure noch verdünnt. Essig ist also vereinfacht gesagt verdünnte Essigsäure. Die meisten Essige haben eine Konzentration von ungefähr 5%. Das heisst, 5% des Essigs sind Essigsäure, was 5 ml Säure in 100 ml Essig entspricht.
Herstellung von Essig
Obwohl es möglich ist, aus fast jedem zuckerhaltigen Nahrungsmittel Essig herzustellen, werden meist alkoholhaltige Ausgangsstoffe wie Wein oder Bier verwendet. Der Schritt der Alkoholherstellung wird oft übersprungen. Zur Herstellung gibt es verschiedene Methoden:
Bei der traditionellen Herstellung mittels Orléans-Verfahren wird die Ausgangsflüssigkeit mit Essigbakterien beimpft. Nach einiger Zeit bildet sich auf der Flüssigkeitsoberfläche die Essigmutter, eine Fäden ziehende Masse aus Essigsäurebakterien. Diese verwandelt die Flüssigkeit darunter in Essig. Das Orléans-Verfahren ist das ursprüngliche Verfahren und sehr zeitaufwendig.
Da die ursprüngliche Herstellungsmethode Monate dauert, suchte man nach Wegen, um die Essigherstellung zu beschleunigen. Man stiess dabei auf das Schnellessigverfahren. Dabei werden die Bakterien auf einem auf dem Ausgangsstoff schwimmenden Trägermaterial, zum Beispiel Holzspäne, angesiedelt. Dadurch vergrössert sich die Oberfläche, wodurch mehr Essigbakterien angesiedelt werden können. Die grössere Menge an Essigbakterien beschleunigt die Umwandlung in Essig. Die Essigherstellung dauert im Gegensatz zum Orléans-Verfahren nur 8 bis 10 Tage.
Die Vielfalt des Essigs
Reisessig
Nicht nur in Europa schätzt man den Essig seit jeher. Es gibt eine riesige Vielfalt an Essigen. Je nach Kultur und Region unterscheiden sie sich stark voneinander. In der asiatischen Küche wird überwiegend Reisessig verwendet. Dieser wird aus fermentiertem Reis oder Reiswein hergestellt. Im Vergleich zu den in Europa verbreiteten Traubenwein-, Branntwein- oder Obstessigen enthält er einen geringeren Säureanteil und ist somit milder.
Sherry-Essig: der Spezielle aus Spanien
Sherry- oder Jerez-Essig wird ausschliesslich in der Gegend um Jerez de la Frontera in Spanien hergestellt. Er lagert oft über viele Jahre in Eichenfässern, in denen vorher Sherry-Weine gelagert wurden. Sherry-Essig hat eine dunkle Bernsteinfarbe und wird in der Küche sparsam verwendet. Der Essigsäuregehalt beträgt ungefähr 7%.
Apfelessig: ein Wundermittel?
Apfelessig wird durch die Fermentation von Apfelsaft hergestellt. Zuerst wird der Apfelsaft zu Apfelwein fermentiert, und dieser Apfelwein wird dann durch eine zweite Fermentation zu Essig.
Dem Apfelessig werden wundersame Heilkräfte nachgesagt. So soll er gegen Krebs helfen, das Cholesterin senken, eine positive Auswirkung auf den Blutzuckerspiegel haben und dir ganz nebenbei auch beim Abnehmen helfen. Tatsächlich kann sich Apfelessig positiv auf den Blutzucker auswirken. Studien haben nachgewiesen, dass die Zellen bei vorangegangener Einnahme des Essigs besser auf das Insulin reagieren und der Zucker schneller aufgenommen wird. So werden Blutzuckerspitzen reduziert, was auch den Heisshunger nach der Einnahme von schnellen Kohlenhydraten verhindern kann. Deshalb wird dem Apfelessig auch eine gewichtsreduzierende Wirkung nachgesagt. Doch angesichts der dünnen und unsicheren Studienlage und der Tatsache, dass die meisten Experimente an Tieren und nicht an Menschen durchgeführt wurden, bleibt die Wirkung von Apfelessig auf die Gesundheit ein kontroverses Thema.
Aromatisierte Essige
Nach seiner Herstellung kann Essig mit Gewürzen, Kräutern oder Früchten versetzt werden. Diese beeinflussen den Geschmack. Häufig verwendete Kräuter sind Salbei und Estragon, bei den Früchten sind Himbeere oder Apfel die Klassiker.
Aceto balsamico: der beliebte Essig aus Italien
Balsamico, auch Balsamessig genannt, ist ein hochwertiger Essig, der vorwiegend aus Trebbiano-Trauben hergestellt wird. Er stammt aus den Provinzen Modena und Reggio Emilia in Italien. Man unterscheidet zwischen dem traditionellen Aceto balsamico aus Modena und Reggio Emilia und dem Massenprodukt Aceto balsamico di Modena. Der «echte» Balsamico wird als Aceto Balsamico Tradizionale di Modena (ABTM) oder Aceto Balsamico Tradizionale di Reggio Emilia (ABT di RE) bezeichnet.
Bei der traditionellen Methode sind nur wenige auserlesene Rebsorten erlaubt. Der Most dieser Traubensorten wird gekocht und dadurch eingedickt. Diesem konzentrierten Traubenmost wird ein mindestens zehn Jahre alter Balsamessig beigemischt sowie frischer Wein zur Vergärung. Anschliessend wird diese Mischung in verschiedenen Holzfässern (Kastanie, Kirsche, Eiche, Esche, Akazie) gelagert. Die Reihenfolge der Holzarten spielt bei der Geschmacksbildung eine wichtige Rolle. Die Lagerung dauert Jahre.
Aceto Balsamico tradizionale muss mindestens 12 Jahre reifen. Je länger er reift, desto gehaltvoller und wertvoller (und auch teurer) wird er. Nach mindestens 25 Jahren darf er die Bezeichnung «extra vecchio» tragen und steht für die Königsklasse unter den traditionell hergestellten Balsamicos. Es gibt aber auch noch die Altersklassen 50 Jahre und 100 Jahre gereift. Der Begriff «Aceto Balsamico Tradizionale di Modena» ist geschützt.
Im Gegensatz dazu besteht der günstige Aceto Balsamico di Modena aus einer Mischung von gewöhnlichem Weinessig und eingedicktem Traubensaft. In vielen Fällen ist er mit Zuckercouleur braun gefärbt. In der etwas teureren Variante wird traditioneller Balsamico-Essig hinzugegeben.
Die Zusätze DOP und IGP bedeuten, dass nur Trauben aus der Region Modena und verwendet wurden, und sind ein zusätzliches Qualitätsmerkmal.
Balsamico Bianco
Balsamico Bianco ist, auch bekannt als weisser Balsamico, ist eine verfeinerte Variante des traditionellen Balsamico-Essigs. Im Gegensatz zum dunklen Balsamico wird er aus weissem Traubenmost hergestellt und ist dadurch heller in der Farbe. Sein Geschmack ist ebenfalls milder und weniger süss-sauer als der traditionelle Balsamico. Balsamico Bianco eignet sich besonders gut für helle Saucen und Dressings.
Crema di Balsamico
Crema di Balsamico ist eine dickflüssige Essigreduktion aus Balsamico-Essig und Traubenmost. Mit ihrem süssen, intensiven Geschmack verleiht sie Salaten, Käseplatten und Desserts eine delikate Note. Auch als dekorative Garnitur für Fleischgerichte oder Eiscreme ist sie beliebt. Die Crema ist vielseitig einsetzbar und verleiht Speisen eine elegante, Balsamico-typische Note.
Schon gewusst?
Die Herstellung von Essig wurde vermutlich zufällig entdeckt, da offen stehen gelassener Wein früher oder später von selbst zu Essig werden kann.
Die Essigherstellung ist eines der ältesten Verfahren der Lebensmittelherstellung.
Früher wurde Wasser oftmals erst durch die Zugabe von Essig trinkbar, da es die darin vorhandenen Keime abtötete. Man nannte dieses Getränk Posca.
Wofür welchen Essig?
Rotweinessig: italienische Salatsauce, Wildgerichte. Passt zu Baumnuss-, Haselnuss-, Distel-, Oliven- und Sonnenblumenöl.
Weissweinessig: Salatsaucen, Mayonnaise, Suppen, Saucen, Fischgerichte und Marinaden. Harmoniert mit fast jedem Öl.
Aceto balsamico: besondere Salatsaucen, Marinade für Fleisch und Geflügel, Mozzarella mit Tomaten, zum Beträufeln von Gemüse, grilliertem Fleisch und Fisch.
Reisessig: traditionelles Würzmittel für Sushireis, zum Marinieren von Fisch und Fleisch und zum Verfeinern von Dips und Saucen.
In Essig eingelegtes Gemüse und Obst
Must-haves zum Einmachen
Text: Wina Fontana, Ernährungsberaterin
24. Mai 2024