Fermentieren: Zubereitungsarten einfach erklärt
Fermentieren ist eine uralte Methode um Lebensmittel haltbar zu machen. Auch in den Trendküchen von heute wird fleissig fermentiert, weil es die Kreativität anregt, Spass macht und gesund ist.
Was ist Fermentieren?
Fermentation kommt vom lateinischen Wort «fermentum» und bedeutet Gärung. Die Fermentation ist ein natürlich ablaufender Gärungsprozess, bei dem das Ausgangsprodukt in Säure, Gas oder Alkohol umgewandelt wird. Der Prozess kann spontan oder unter Zugabe von Bakterien oder Pilzen ablaufen.
Die Fermentation wird durch unterschiedliche Mikroorganismen – Bakterien, Hefe oder Schimmel – ausgelöst. Im Rohmaterial leben bereits Mikroorganismen (Fermente), die zu ihrer Ernährung die vorhandenen Zucker und Proteine in Alkohol, Säure und Kohlendioxid umwandeln. Diese Spaltungsprodukte verändern das Milieu des Rohmaterials und behindern die Vermehrung unerwünschter Mikroorganismen und tragen so zur Konservierung bei.
Vorteile des Fermentierens
Lebendige, gute Milchsäurebakterien sorgen dafür, dass sich schlechte Mikroorganismen nicht ansiedeln können. Durch das Fermentieren werden schlechte Säuren abgebaut (Oxalsäure, Phytinsäure) und das Lebensmittel wird vorverdaut. Vitamine, Mineralstoffe und Enzyme bleiben erhalten oder vermehren sich sogar. Vitamine werden neu gebildet (B-Vitamine und Vitamin K2).
Dank Fermentation kann man Lebensmittel haltbar machen. Im Alltag gibt es viele bekannte fermentierte Lebensmittel: Joghurt (fermentierte Milch), Käse (Milchsäure und Lab), Brot (Alkohol und Milchsäuregärung), Wein, Bier Salami, Schokolade, Kaffee, Tee und Gemüse, z.B. Sauerkraut.
Gesundheitstipp: Ein bis zwei Esslöffel Fermentiertes pro Tag ist ideal für die Gesundheit.
Fermentieren: Comeback einer uralten Technik
Je technologischer und komplizierter die Welt ist, desto mehr äussere Gefahren uns Menschen bedrohen, desto mehr sehnen wir uns nach sicheren Werten, auch in der Ernährung! Wir interessieren uns für Selbstgemachtes und wollen wissen, was in unserem Essen drin ist.
Diese Sehnsucht stillen wir mit selbstgebackenem Sauerteigbrot, mit selbstgebrautem Bier und fermentiertem Gemüse, das gesund ist und schmeckt und dabei ohne jegliche Konservierungsmittel auskommt.
Sauerteigbrot und Joghurt selber machen
Brot aus Sauerteig und Joghurt gehören zu den fermentierten Lebensmitteln unseres Alltags. Ihre Herstellung zu Hause ist ganz einfach:
Sauerteigbrot
Mit Sauerteig ist es wie mit Wein: Er wird mit dem Alter immer besser. Gute Backstuben reichen ihren Sauerteig über viele Jahrzehnte von Generation zu Generation weiter. Es dauert ca. 9 Tage, bis Ihr Sauerteigansatz parat ist für das Backen mit Ihrer dauerhaften Sauerteigkultur.
Joghurt
Joghurt ist frisch und macht frisch: Die Liste mit seinen positiven Eigenschaften ist endlos lang – kein Wunder gehört das Milchsäuregetränk zu den beliebtesten Milchprodukten und findet überall in der Küche seine Verwendung. Mittlerweile gibts das säuerlich-aromatische Produkt auch laktosefrei und selbst vegane Varianten aus Soja-, Kokos- und Mandeldrink erfreuen sich zunehmender Beliebtheit und erweitern die vielseitige Joghurt-Palette. Wenn du Joghurt gerne Zuhause selber machen würdest, haben wir für dich die besten Tipps & Tricks gesammelt.
Evergreen Sauerkraut
Wenn Menschen nach fermentierten Lebensmitteln gefragt werden, so kommt meist die Antwort: Sauerkraut! Sauerkraut, italienisch Crauti oder französisch Choucrute ist ein kulinarisches Kulturerbe, denn seit dem 13. Jahrhundert ist seine Herstellung in Europa dokumentiert. Weisskohl oder Sauerrüben werden z.B. im bernischen Gürbetal heute noch traditionell verabeitet. Sie werden gehobelt, gesalzen und gestampft – also fermentiert.
Handelsübliches Sauerkraut wird meistens pasteurisiert, was sehr viele der Mikroorganismen abtötet.
Der Verbrauch an Sauerkraut als Wintergemüse ist stark zurückgegangen und ist seit 1950 eher eine Spezialität, die während des Winters mit Rippli oder bei der Metzgete genossen wird.
Interessant ist, dass Sauerkraut heute bei jüngeren Konsumentinnen und Konsumenten ein Revival vor allem in der unpasteurisierten (also fermentierten) Version feiert.
Fermentieren und heiss einmachen – was ist der Unterschied?
Beim heiss Einmachen– in England nennt man es «to pickle»– wird heisser Sud wird über das Gemüse gegossen oder das Gemüse wird kurz im Sud gekocht, um das Wachstum von schädlichen Mikroorganismen zu verhindern. Dadurch werden Mikroorganismen durch Hitze abgetötet. Anschliessend werden die Lebensmittel im Essigsud, in Salzlake, in Öl oder Alkohol konserviert.
Beim Fermentieren geschieht das Gegenteil: Lebendige, gute Milchsäurebakterien sorgen dafür, dass sich schlechte Mikroorganismen nicht ansiedeln können.
Es war einmal: Geschichte des Fermentierens
Vor sehr langer Zeit, etwa 100'000 Jahre v. Chr., begannen die Menschen sesshaft zu werden und Ackerbau zu betreiben. Vorher waren sie als Jäger und Nomaden herumgezogen und hatten sich von gejagten Tieren und gesammelten Lebensmitteln ernährt. Mit dem Übergang von der Jagd zum Ackerbau erfanden die Menschen auch Methoden zur Aufbewahrung von Lebensmitteln, denn die Getreideernte musste für die Winterzeit haltbar gemacht werden. Dabei wurde der Fermentationsprozess entdeckt, der fortan zur Herstellung von Bier, Wein und Brot, später auch für Gemüse, Milch und Fleisch angewendet wurde. So kam man satt durch den Winter – ohne bereits Genaueres über Mikroorganismen zu wissen. Der Seefahrer James Cook nahm 1768 fassweise Sauerkraut auf seine erste Reise mit, weil er wusste, dass das eingestampfte Kraut lange haltbar war und seine Seeleute dank Vitamin C vor Skorbut, der schwersten Vitamin-C-Mangel-Krankheit, bewahrte.
Später benötigte Napoleon für seine hunderttausend Soldaten im Krieg Nahrungsmittel, die transportierbar waren. Er versprach einen Preis für die beste Lösung. Nicolas Apert, kein Wissenschaftler, sondern ein Bäcker, gewann 1810 die Prämie: Er sterilisierte Lebensmittel, erhitzte sie auf 100 Grad und füllte sie in luftdichte Flaschen ab. Nachdem die Konservenbüchse erfunden worden war, verdrängte diese moderne Haltbarkeitsmethode die Fermentation.
In den 1950er-Jahren hielt der Kühlschrank Einzug in die Schweizer Küchen. Neue Möglichkeiten der Haltbarkeit taten sich auf: Kühlen auch im Sommer und sogar Tiefkühlen – welche Erleichterung! Mit der Entwicklung der Lebensmitteltechnologie und dem immer wichtiger gewordenen Hang zur Hygiene verschwanden Sauerkrauttöpfe, Steinguttöpfe für Eier, Weckgläser und Bülachergläser in den hintersten Ecken der Keller.
Wann muss man aufpassen?
Bei Gallenproblemen oder Histamin-Unverträglichkeit sollte man mit fermentierten Lebensmitteln behutsam umgehen. Falls sich Schimmel bildet, wenn etwas streng riecht, wegwerfen! Fermentieren braucht Beobachtung, Riechen und etwas Erfahrung.
Was sind Probiotika und Präbiotika?
Bei den Probiotika handelt es sich um spezielle Bakterien (z. B. Milchsäure-Bakterienstämme), die Milchprodukten zugesetzt werden. Diese Bakterien überstehen die Magenpassage besser als die üblicherweise zur Säuerung eingesetzten Milchsäure-Bakterien. Sie haben die Fähigkeit, sich verstärkt an der Darmwand festzusetzen und können so schädlichen Bakterien den Platz wegnehmen. Bei einem regelmässigen Konsum von probiotischen Lebensmitteln sollen diese die Darmflora positiv verändern, bei Durchfall hilfreich sein und die Abwehrkräfte stärken. Ein günstiger Einfluss auf den Cholesterinspiegel sowie eine antikanzerogene Wirkung werden ebenfalls vermutet. Es ist aber noch nicht ab schliessend geklärt, ob eine Veränderung der Darmflora auf die Dauer nur positive Auswirkungen hat.
Präbiotika sind bestimmte unverdaubare Nahrungsfasern (zum Beispiel Inulin, Oligofruktose), die erst im Dickdarm abgebaut werden und dadurch als Nahrung für Probiotika dienen können. Präbiotika werden z. B. Joghurt, Quark, Milchdrinks, Säften, Brotaufstrichen und Müesli beigegeben. Werden präbiotische Lebensmittel regelmässig gegessen, können sie das Wachstum der darmeigenen Bifidus-Bakterien fördern und bei Verstopfung hilfreich sein. Präbiotika werden auch aus technologischen Gründen geschätzt, denn sie schmecken leicht süss, haben keine Kalorien und verleihen Lebensmitteln eine angenehme Konsistenz und ein grösseres Volumen.
Präbiotika kommen z. B. vor in Chicorée, Topinambur, Zwiebeln, Knoblauch, Lauch, Schwarzwurzeln, Artischocken, Hafer und Roggen.
Text: Daniela Bieder, Marlène Gautschi (Pro- und Präbiotika)
Aktualisiert 17. September 2024