Glühwein - wärmstens zu empfehlen!
Ein Abend vor dem Kaminfeuer, eingekuschelt in Decken, stimmungsvolle Musik und dazu ein Glas Glühwein - die vorweihnächtliche Idylle ist perfekt. Wohlig wärmenden Gewürzwein gibt es zur Weihnachtszeit in vielen europäischen Ländern, so auch bei uns.
Gewürze: Ein Hauch von Luxus
Glühwein lässt zweifellos die Backen erglühen. Der heisse Gewürzwein verdankt seinen Namen aber seiner Zubereitung: «Glühender bzw. geglühter Wein» bedeutet einfach «heisser oder heiss gemachter Wein».
Das älteste überlieferte Rezept für Glühwein oder Würzwein findet sich in der Rezeptsammlung des Römers Marcus Gavius Apicius (1. Jh. n. Chr.): Wein mit Honig beim Kochen mischen, unter ständigem Rühren mehrmals aufkochen und abkühlen lassen. Am nächsten Tag mit Pfeffer, Mastix (Harz von Pistazienbäumen), Lorbeer, Safran und gerösteten Dattelkernen samt der Frucht würzen. Dieser «Sud» wird danach mit der zehnfachen Menge süssen Weins gestreckt. Nur wohlhabende Römer konnten sich dieses Getränk leisten.
Mit dem Niedergang des Römischen Reiches kamen Gewürze nur noch spärlich nach Europa. Der Kontakt der europäischen Kreuzfahrer mit dem Orient Anfang des 2. Jahrtausends führte dann wieder zu kulinarischen Entdeckungen. Nun wurden erneut Gewürze nach Europa gebracht, Getränke und Speisen vermehrt stark gewürzt. Gewürze überdeckten einen unerwünschten Geschmack, aber noch wichtiger war, dass die verwendete Gewürzmenge in einem Mahl viel über die finanziellen Verhältnisse eines Haushaltes aussagte. Gewürze rochen und schmeckten nach Luxus. Die fernen, unbekannten Orte ihrer Herkunft galten als Vorhof zum Paradies!
Hypokras: Medizin oder Genussmittel?
Eine alte Glühweintradition wird in Basel gepflegt: Am Neujahrstag trifft man sich um die Mittagszeit zu einem Glas Hypokras, um auf das neue Jahr anzustossen - oder man prostet sich damit bereits auch schon am Silvester um Mitternacht zu.
Viele Familien haben ihr sorgsam gehütetes Hypokras-Familienrezept. Rezepte zu diesem kalt genossenen Gewürzwein sind seit über 700 Jahren bekannt, u.a. hielt ein Arzt im 13. Jahrhundert die Zubereitung fest; der sonderbare Name erinnert an Hippokrates, den berühmtesten Arzt der Antike.
Beim ursprünglichen Herstellungsverfahren gibt man die zerstossenen Gewürze in ein Mullsäcklein und lässt dieses mehrere Tage im Wein ziehen. Getrunken wird er aus kleinen Portgläsern vor oder nach der Mahlzeit. Die Zutaten haben sich kaum geändert, wohl aber ihre Quantität: Der heutige Hypokras ist weniger stark gewürzt. Die Gewürze ziehen nicht mehr tagelang im Wein, sondern der Wein wird zusammen mit den Gewürzen und dem Zucker erhitzt. Zucker ersetzte den Honig allmählich seit dem 17. Jahrhundert. Zum Hypokras schmecken Basler Leckerli wunderbar.
Glögg zu Ehren der Heiligen Luzia
In diversen Ländern Europas kennt man unterschiedliche Glühweine: Bei den einen wird Weisswein, bei den anderen Rotwein als Basis genommen. Beim schwedischen Glögg versucht man den Rotwein nicht zu stark zu erhitzen, denn der Alkohol soll drin bleiben. Speziell sind hier noch die zugefügten Mandelstifte, Rosinen und stärkere Alkoholika wie Rum, Wodka und Madeira. Traditionellerweise trinkt man den Glögg am 13. Dezember, dem Luziatag; dazu isst man Lussekatter, ein süsses Safrangebäck, und Pfefferkuchen.
Der Begriff Glögg tönt für nicht-schwedische Ohren ziemlich lustig, heisst aber einfach Glühwein. Wenn der Wein über 80 Grad erhitzt wird, vermindert sich der Alkoholgehalt, der Geschmack von Wein und Gewürzen verändert sich dann aber auch.
Tückisch kann ein hoher Anteil an Zucker sein, denn dadurch wird der Alkohol schneller in den Körper geführt. Bei der Qualität des Weins soll man nicht knauserig sein, denn der fertige Glühwein ist nur so gut wie seine Zutaten.
Und was dazu essen? Die einen schwören auf salzige Snacks, die anderen auf Weihnachtsguetzli, Tirggel und Lebkuchen.
Glühwein in anderen Ländern
In Spanien spricht man von einem «vino caliente», in Italien von «vino brulè», in Frankreich (und in der Romandie) vom «vin chaud». In den südlichen Ländern kann das Rezept Orangen- oder Zitronenschale enthalten. Es gibt aber in keinem der Länder das absolute Grundrezept.
Im englischsprachigen Raum ist die Rede vom «mulled wine»; «to mull» heisst «heiss machen und würzen», «a mull» ist ein Verbandmull. Das deutsche Mull (feinfädiges, weitmaschiges Baumwollgewebe) ist aus dem englischen «mulmull» übernommen.
Nach der Tradition des alten Hypokras-Rezeptes gibt es bei uns fertige Glühweinmischungen, die in einem Stoffsäcklein verkauft werden, bereit, um in den Wein gegeben zu werden.
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Aktualisiert: 25. November 2020
Text: Alexandra M. Rückert