Niedergaren klassisch: Zubereitungsarten einfach erklärt
Ein erstklassiges Stück Fleisch, das nach der Niedergarmethode zubereitet wird, könnte zarter und saftiger nicht sein. Während der langen Garzeit können Sie sich zum Beispiel der Zubereitung der Sauce und der Beilagen widmen.
Vorteil über Vorteil
Bei der Niedergarmethode wird das Fleisch bei relativ hoher Temperatur gut angebraten und dann bei niedriger Temperatur (80 bzw. 90 Grad) im Ofen schonend und langsam fertig gegart. Das Resultat: Das Fleisch ist sehr saftig und wunderbar zart. Ein weiterer Vorteil: Während das Fleisch im Ofen gart, können Sauce und Beilagen vor- und zubereitet, der Tisch schön gedeckt werden. Das Fleisch ist fertig gegart, wenn es die richtige Kerntemperatur erreicht hat, d. h. je nach Stück 55 bis 70 Grad. Danach lässt es sich ohne Qualitätseinbusse bei 60 Grad im Ofen warm halten, grosse Stücke bis zu einer Stunde, kleine bis zu dreissig Minuten. Das ist ein weiterer grosser Vorteil, wenn Gäste geladen sind, weil man sich nicht auf die Minute genau zu Tische setzen muss.
Zunehmender Beliebtheit erfreut sich das Niedergaren umgekehrt. Dabei wird der Spiess einfach umgedreht: Das Fleisch wird zuerst niedergegart und dann erst angebraten.
Der «Erfinder» – ein zerstreuter Physiker
Die «Entdeckung» der Niedergarmethode wird Benjamin Thompson (1753–1814), Graf von Rumford, einem amerikanischen Physiktüftler des 18. Jahrhunderts, zugeschrieben. Er liess über Nacht unbeabsichtigt eine Lammschulter in einem von ihm konstruierten Trockenkasten für Kartoffeln liegen. Sir Benjamin war am anderen Morgen begeistert von der Zartheit des saftigen und schmackhaften Fleisches, das ihm auf der Zunge zerging. Bis die Zufallsentdeckung des zerstreuten Physikers Nachahmer fand, vergingen ungefähr 180 Jahre. Auch bei der Verbreitung der neuen Garmethode galt: Gut Ding will Weile haben.
Geeignete Fleischstücke
Es eignen sich alle zarten, zum Braten geeigneten Fleischstücke von Rind, Kalb, Schwein, Lamm, Poulet, Ente, Kaninchen und Wild. Bei Unsicherheit bezüglich Fleischwahl kann der Metzger Auskunft geben, wobei es wichtig ist, auf die Niedergarmethode hinzuweisen.
Rind, Roastbeef, Entrecôtes, Entrecôtes doubles, magerer Hohrücken, magere Hohrückensteaks, Huft, Rumpsteaks, Filetspitz, Tournedos, Filet am Stück, Filetsteaks.
Kalb Steaks, Nierstück, Hohrücken, Koteletts, Filet, Medaillons, falsches Filet, runde Nuss.
Schwein Koteletts, Nuss, Filet, Nierstück am Stück, Medaillons.
Geflügel Pouletbrüstli, Perlhuhnbrüstli, Entenbrüstli.
Wild, Rehmedaillons, Rehbäggli.
Kaninchen Schenkel, Rückenfilets.
Lamm, Hüftli, Gigot, Koteletts/Racks, Nierstück.
Die Zeiten bis zum Erreichen der Kerntemperatur in der folgenden Niedergartabelle verstehen sich als Richtwerte:
Kleiner Aufwand – perfektes Ergebnis
Für das Garen im Ofen ist eine ofenfeste Porzellan- oder Steingutplatte (evtl. Niedergarplatte) besonders empfehlenswert. Das Gargut darf nicht in der Anbrat-Pfanne in den Ofen gestellt werden, da deren Speicherwärme das Fleisch zu schnell und zu stark garen würde.
Um feststellen zu können, ob das Fleisch den gewünschten Garpunkt (à point, saignant) erreicht hat, ist ein Fleischthermometer nötig, das die Kerntemperatur anzeigt. Bei grossen Fleischstücken wird das Fleischthermometer nach dem Anbraten an der dicksten Stelle ins Fleisch gesteckt.
Da man sich nicht hundertprozentig darauf verlassen kann, dass der Backofen wirklich die Temperatur aufweist, die man eingestellt hat, ist ein Backofenthermometer unerlässlich; denn schon eine Abweichung von 10 Grad kann das Resultat ungünstig beeinflussen.
Übe das Niedergaren mit diesem Rezept
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Text: Rita Iseli
Aktualisiert: 11. Oktober 2021